HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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7 „Utopisch – Advent ohne Hektik?“
Von Ofentüren und Kachelöfen

Auf unserem weißen Kachelofen lag bis vor einigen Tagen ein sichtlich oft benutztes Lesebuch mit vielen lustigen Adventgeschichten. Sie waren wohltuend anders als die sonst üblichen Erzählungen. In den meisten Sammelbänden zum Advent stehen ja ungemein liebliche weltfremde Geschichten über diese Zeit. Sie handeln von Schneefällen, Teekränzchen ganz verrückter Art, von Tannenreisig aus dem nahen Wald(?) oder vom romantischen Licht der Kerzen auf dem Adventkranz. Schön und gut. Oder auch nicht. Denn: Wann haben wir – selbstkritisch gefragt – das letzte Mal alles weggelegt und uns um den Adventkranz versammelt? Ach so, das geht ja nicht so einfach! Richtig, Advent ist nämlich auch das andere: grauer, stressiger Alltag, anstrengende Arbeit, nervende Schule, Aufgabe, Fernsehen, Einkauf, Hausarbeit. Verbunden mit allerlei anderen lebensnotwendigen Angelegenheiten, um die wir uns kümmern müssen.

Trotzdem: Die Rechnung, Advent ist eine Zeit wie jede andere, sie geht nicht auf. Keine Zeit! Sagen alle, gemeint sind die anderen. Der Advent ist ... wie immer. Seit Jahren. Zeit-los, besinnungsintensiv bis zur Besinnungslosigkeit. Manche machen daraus: Sinn-los. Der Advent ist eben keine Zeit wie jede andere.
Das Klischee der stillsten und ruhigsten Zeit des Jahres existiert nur als hartnäckiges Gerücht der Werbung. Eine folgenschwere Verkennung der Wirklichkeit. Auf den Straßen, in den Geschäften und Betrieben und bei den Menschen ist von Ruhe, Einkehr und Zeithaben nichts zu merken. Kaum jemand erlebt den Advent als angenehme stressfreie Zone für die Vorbereitung auf die Christusgeburt. Wir übrigens auch nicht.

Aber hin und wieder tut es „sakrisch guat“, sich einzubremsen und sich gemütlich vor den Kachelofen im Wohnzimmer zu setzen. Fast ein Ritual. Die beiden schwarzen eisernen Ofentüren unseres Wärmespenders sind ein besonderer Anziehungspunkt. Wenn hinter den schmalen Stäben die flackernden Lichter des Feuers emporzüngeln, dann breitet sich schon nach kurzer Zeit nicht nur eine wohlige Wärme aus, sondern auch so etwas Seltenes wie Zeit, Verständnis, Geduld, Gelassenheit. Ruhe und anderes mehr scheint möglich zu werden. Klingt utopisch, uneinholbar. Das Schauspiel des Feuers hautnah erleben, die roten Glutstücke flimmern, zitternd aufbäumen sehen, das ist Energie. Kraftvoll, Lebensgeister erweckend, Auftanken in der reinsten Form. Verbrennen, um auf neue Weise Energie und Wärme abzugeben, die mir und uns allen in der Familie gut tut. Wenn ich dann wie hypnotisiert gebannt in die Landschaft der rotglühenden zerfallenden Holzstücke schau, bevor ich die Ofentüren schließe, vergesse ich für einen Augenblick den anstrengenden Alltag und setze mich der Wärme aus der weitgeöffneten Ofentür aus.
Unwillkürlich denke ich an einen, der nicht hinter der Ofentür blieb, der sich ohne Rücksicht auf Verluste die Finger verbrannte, sein Leben riskierte, und schließlich hinter Schloss und Riegel sogar den Kopf verlor. Johannes, der Schreihals und Täufer vom Jordan, der sein Leben riskierte, sich der Umkehr verschrieb, öffnete viele Türen zu einem wirklichen Leben in Gerechtigkeit und Liebe.

Er geht in die Wüste, in die Stille und Einsamkeit, und zwingt die Menschen, sich auf den, der kommen wird, vorzubereiten. Er hält ihnen einen Spiegel vor, und ermahnt sie zur Aufmerksamkeit. Johannes kam aus der Wüste zurück, dem Ort der Kargheit, der Stille. Ein Platz für die Begegnung mit sich selbst. Und wir?
Wir sitzen vor dem Kachelofen und genießen die Sehnsucht nach adventlichen Tagen ohne Hektik, die von Kerzen erfüllte Dunkelheit eines anbrechenden Abends, die wohlige gesunde Wärme hinter der schweren schwarzen Gusseisentür. Ofentüren und Kachelöfen, Entspannung und Alltag, beides soll Platz haben in diesen Tagen. Sie sind Garant für „Wüsten-Orte voller Schweigen“ und „Wüsten-Zeiten ohne Dauerstress“ als Impulse für die persönliche Auseinandersetzung, Exerzitien für den Aufbruch. Advent, das ist die Erinnerung und Energie für ein Leben auf Gott hin, der sich uns immer ins Gedächtnis ruft. Sogar durch die gusseisernen Türen eines Kachelofens hindurch.