HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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19 „Die Tür von St. Cäcilia, Afrika“
Eine Kirchentür einmal ganz anders

Vor einem Jahr hielt ich mich in einer fremden Stadt auf und beschloss, die mir unbekannte Kirche aufzusuchen, um zu beten. Als ich die Tür öffnen wollte, fand ich sie versperrt vor. Auf einem Schild konnte ich lesen: Wegen andauernder Beschädigungen und Vandalismus muss die Kirche an Wochentagen leider versperrt bleiben. Wir bitten um Verständnis. Tür zu, Kirche versperrt.
Heute – so scheint es - betreten Menschen öfter Hotelhallen als Kirchen, schreibt P. Leo Thenner, Seelsorger in der Pfarre Salvator in Graz, einleitend in seinem Kirchenprospekt: „Kirchenportale und Hoteleingänge unterscheiden sich sehr. Im Hotel ist alles auf kurze Verweildauer eingestellt. Selbst eine noble Einrichtung kann oft keine Geborgenheit vermitteln. Die Kirche ist aber durchatmet von Bleibendem und Zukunft. Das Feuer des Geistes wärmt sie. Menschen feiern hier das Leben und wissen um das Geheimnis Gottes mit uns. Unser Leben ist in seinen guten Händen gehalten mit allen Sorgen und Ängsten, aber auch mit aller Hoffnung und Sehnsucht. Kirchen sind grenzüberschreitend. Der Tod setzt hier kein Ende. Und das Leben ist auch im Sterben hier gut aufgehoben.
Vor 2000 Jahren hat ein Mensch, ein Mädchen namens Myriam, Gott Raum gegeben und auf den Gruß des Engels mit ihrer Bereitschaft geantwortet. So konnte Gott spürbar und greifbar werden, als unser Bruder und Heiland. Die Heilsgeschichte hat eine neue Richtung bekommen. Kirche ist Einladung. Wichtiger als das Haus, der Raum, ist die Taufe, durch die wir in unserem Miteinander "Kirche" sind und Gott lebendig halten, wenn wir der Liebe Raum geben. Die Gemeinschaft der Kirche lebt von Menschen, die sich bereithalten und ihre Begabungen einbringen. Wir sind dankbar für alle, die unserer Pforte ihr unverwechselbares Gesicht geben und Zukunft ausgestalten. Wir alle sind herzlich eingeladen in diese Gemeinschaft!“ Dem Eingang, der Tür der Kirche ein Gesicht geben. Dazu lädt P. Leo nicht nur sonntags ein.
Von einer wirklich außergewöhnlichen Kirchentür erzählt eine Bildmeditation der Päpstlichen Missionswerke von P. Gerd Birk:
„Wo eine Türe ist, gehört auch ein Haus dazu. In Cotonou steht ein roh gezimmerter Türrahmen in der freien Landschaft. Keine Mauern rahmen ihn ein, kein Dach streckt sich darüber. Kein Haus ist zu sehen. Am oberen Türbalken steht in französischer Sprache: Pfarrei St. Cäcilia.
Da muss doch ein Haus dazugehören. Von Kirchturm und Gemäuer ist nichts zu sehen. Eine kleine Gruppe von Menschen steht da, Kinder und Erwachsene, in Kleidern aus leuchtenden Farben, geschneidert teils nach afrikanischer, teils nach europäischer Art. Neben dem linken Türpfosten steht der einzige Europäer. Es ist wohl der Pfarrer. Er hat sich hierher senden lassen, um ein Haus zu bauen aus lebendigen Steinen. Er stellt sich nicht mitten ins Bild, sondern an den Rand. Im Türrahmen selbst stehen lauter junge Afrikaner. Sie sind das Haus aus lebendigen Steinen. Ihre Blicke sind offen, ihre Mienen voller Erwartung. Wie zur Begrüßung sind sie erschienen, als erwarteten sie einen Gast.
Die Tür ohne eingrenzende Mauer, ohne Holzfüllung und ohne Glas kann nicht abgeschlossen werden. Sie lädt ein, hereinzukommen. Die Tür macht etwas sichtbar, das man mit bloßem Auge nicht erkennt: Hier lebt eine Gemeinschaft. Kein Clan, der sich misstrauisch gegen Konkurrenten abschirmt. Keine Bonzen, die ihr Besitztum verteidigen müssen. Sie besitzen nicht viel, aber sie sind da, sie spüren Nähe und Wohlwollen, tragen einander, handeln miteinander, feiern miteinander.
Das Namensschild am oberen Türbalken sagt, dass es sich hier nicht um einen Zweckverband handelt. Es ist auch keine zusammengewürfelte Party. Sie sind herbeigerufen worden vom Boten des Wortes. Sie haben dem Wort Glauben geschenkt. Sie folgen dem Wort und bleiben in ihm verbunden. Sie sind „Gottes Zusammengerufenes", so muss man den hebräischen Ausdruck für „Volk Gottes" wörtlich übersetzen.
Das Türgestänge in der freien Landschaft kann an Zeltpfosten erinnern. Diese junge Gemeinde ist nicht durch massive Häuser festgelegt. Sie ist Volk Gottes unterwegs. Da kann man nicht üppigen Besitz mitschleppen. Besinnung auf das Lebensnotwendige ist gefordert. Weg-geben-können, was überflüssig ist, gehört mit zur Grundtugend dieser Gemeinschaft. Nur wenn man im gemeinsamen Tun Hand in Hand geht, ist ein Aufbruch und Weiterkommen möglich.
Die Gemeinde St. Cäcilia in Cotonou ist eine der ungezählten Zellen des Gottesvolkes auf der ganzen Welt. Die erwartungsvollen Blicke der Gläubigen hinter der offenen Tür laden ein: Du musst nicht zu uns nach Afrika reisen. Du brauchst nur Hand in Hand deinen Glauben zu leben, dort, wo du wohnst. Dann sind wir verbunden.“
Diese Kirchentüre fasziniert mich, seit ich sie zum ersten Mal sah. Sie sollte für jeden von uns eine Anregung sein, sich die Kirchentür in der Pfarre einmal genauer anzuschauen. Vielleicht ergibt sich daraus ein Impuls für offene Türen in der Kirche ... zumindest im Advent?