HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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17 „Amen, ich sage euch: Ich bin die Tür“
Von Jesus-Zitaten und biblischen Türen

Wir sind relativ gut über Jesus informiert. Soweit das - nach einem zeitlichen Abstand von etwa 20-30 Jahren – Gesammelte und redaktionell Bearbeitete als informativ und umfassend bezeichnet werden kann. Wir wissen jedenfalls von seinem selbstbewussten Auftreten und sind wahrscheinlich nicht so überrascht und irritiert wie viele gläubige Einwohner Galiläers über sein Reden und Wirken. Aber dass er sich selbst sogar als die Tür bezeichnet, hat vermutlich doch einiges Aufsehen erregt. „Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.“ Und wenig später präzisiert er: „Ich bin die Tür; wer durch mich hindurchgeht, wird gerettet werden, ... ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Johannes hat uns diese Textzeilen in seinem Evangelium überliefert.

Ein Wortbild vom Rabbi Jeschua aus dem Dorf Nazaret. Ich bin die Tür. Zu den Schafen. Ich bin der Hirte, der Verantwortliche. Unter den vielen Ich-bin-Aussagen (Ich bin das Brot, ich bin der Weg) ein auf den ersten Blick nicht leicht verständliches Sinn-Bild: Tür. Seine Reden und Botschaften enthielten zwar jedes Mal von neuem eindrucksvolle und überraschend pointierte Bilder, Symbole und Aussagen. Aber Jesus als Tür? Was will er uns damit bloß andeuten, worauf will er hinweisen?

In den letzten Tagen haben wir viel über Türen gehört und die Tür als Übergang, Eingang, Zugang kennen gelernt. Wenn Jesus sich selbst als Tür vorstellt, will er uns vermutlich seine Rolle als Übergänger, Hinführer, Vermittler beschreiben. Mit ihm und durch ihn sei das Reich Gottes angebrochen, so argumentiert er unermüdlich. In ihm könne man den Vater im Himmel und seine Liebe zu den Menschen erkennen. An seinen Werken und Zeichen sei die Güte und Barmherzigkeit Gottes ablesbar. Jesus sozusagen als Medium, als Wegweiser zum menschenfreundlichen Lebensgott. Ich bin (wie) eine Tür, die neue Ein- und Ausblicke ermöglicht, Schutz bietet und „geöffnet“ werden will.

Im „Haus der Stille“ in der Nähe von Graz, einem franziskanisch geprägten Meditationszentrum zum Auftanken und Stillwerden, hat man auch an dieses Bild gedacht und hinterm Haus aus massiven Holzbalken eine Tür, besser gesagt, ein kleines Tor gezimmert, durch das man hindurchgehen kann und sich dann auf den Weg in die Mitte eines gepflasterten Labyrinths macht. In den dicken Querbalken ist auf der Zugangsseite die Frage eingeschnitten: „Wohin gehst du?“ Auf der anderen Seite, quasi beim Verlassen des Mitte-Weges, wird man mit der Zusage Jesu verabschiedet: „Ich habe dir eine Tür geöffnet, die niemand schließen kann...“

Toll, schön, gut, aber von welcher Tür spricht Jesus eigentlich? Welche meint er damit? Wie „meint er sich“? Wie sollen wir durch ihn hindurchgehen? Hat er sich jetzt als Türsteher und Türöffner zur ewigen Heimat beim Vater entlarvt? Und so wie für jeden von uns eine Tür einerseits langersehnter Zugang oder Eingang, aber auch Hindernis sein kann, weil sie zum Beispiel verschlossen ist, weil sie beim Aufmachen klemmt, unansehnlich oder protzig ist, weil sie sich nicht schließen lässt, oder die Klinke nicht erreichbar ist, so ist für manche Menschen des 21. Jahrhunderts Jesus selbst zu einer Frage, Anfrage oder Herausforderung geworden. Seine kompromisslose Deutlichkeit, seine radikale Aufforderung zu einem Leben in Gerechtigkeit, Frieden und Gemeinschaft, verbunden mit fast unmenschlicher Liebe, haben so manche Christen deutlich überfordert. Die Jesus-Tür ist keine billige Küchentür, die ohne weiteres zu öffnen und zu schließen ist. Da geht es um viel viel mehr.

Vielleicht sollten wir uns im Laufe des heutigen Tages eine ganz persönliche Antwort auf die Frage: „Ist Jesus für mich eine Tür zum Leben?“ zurechtlegen. Eine bescheidene Anregung für eine grundsätzliche Auseinandersetzung, die mit dem Türmotiv zu tun hat: Wie oft kommen bei Begegnungen, Taten und Aktivitäten Jesu Türen vor, in welcher Form? Ich denke dabei an die Stelle bei Markus, 2. Kapitel, von der Heilung des Gelähmten in Kafarnaum. Weil die Freunde des Gelähmten nicht zu Jesus kommen konnten, weil sie sonst draußen vor der Tür hätten stehen bleiben müssen, greifen sie zu unkonventionellen Mitteln, lassen ihn vom Dach hinunter, setzen ihn Jesus vor die Nase. Wo keine Tür zu öffnen ist, darf man ruhig kreativ sein. Jesus hat sich jedenfalls nicht aufgeregt. „Ist Jesus für mich die Tür zum gelingenden Leben?“

Beim Vorbereiten dieses Textes habe ich mich übrigens zuerst gefragt: Wie denken die Menschen um mich herum, unsere Nachbarn, Freunde und Bekannte über Jesus eigentlich, denken sie überhaupt an ihn, „glauben“ sie an ihn und seine Botschaft, seine Lebensregeln und Hinweise auf Gott? Hat er für ihr Leben irgendeine Bedeutung? Wenn ich es sehr selbstkritisch und ohne es zu beschönigen, bedenke, dann fällt die Antwort sehr klar und deutlich aus: Nein, für viele ist dieser gekreuzigte Rabbi vor 2000 Jahren nicht mehr als eine historische Person ohne Bedeutsamkeit für ihre Existenz!

Zurück bleiben der Hinweis auf ein Jesus-Zitat und biblische Türen, eine Frage und viele Antworten.