Sonntag, 18.03.2007
26 – Stein im Brett

Ein Stück Weltliteratur. Bekannt bei Jung und Alt. Das Gleichnis vom verlorenen (?) Sohn. Falsch. Die Geschichte vom (barmherzigen) Vater und seinen beiden Söhnen. Das heutige Evangelium ist spannend und dicht komponiert!
Eine Geschichte, wie man sie nicht besser erfinden könnte. Lebenserfahrung auf den absoluten Punkt gebracht. Ein ungleiches Brüderpaar. Den einen zieht es in die weite Welt. Er verschleudert alles und scheitert. Der Weg zurück ist steinig. Aber er wagt es. Und wird – wider Erwarten – aufgenommen. Der andere Bruder bleibt brav (zu Hause)! Eine Geschichte der Spannung zwischen dem Streben nach Freiheit und der Sehnsucht nach Heimat.
Jesus setzt dort an, wo auch wir immer wieder (an)stehen. Er stellt die Frage nach Gott und unseren Vorstellungen von ihm. Nach Schuld und Vergebung. Nach den Möglichkeiten der Umkehr und des Neuanfangs. Haben wir „einen Stein im Brett“ beim Vater(gott)? Können wir umkehren und heimkommen? Sind wir willkommen? Nimmt er uns an, so wie wir sind? Oder geht es um umfangreiche Bußübungen?
Die Redewendung „Bei jemandem einen Stein im Brett haben“ ist schon ziemlich alt. Sie leitet sich vermutlich von einem Brett- und Würfelspiel (auch Puffspiel oder „Tricktrack“ genannt) ab, das im Mittelalter sehr beliebt war. Erstmalig ist sie in Johann Agricolas Sprichwörtersammlung von 1529 belegt: „Ich hab eyn guten steyn im brette“. Wenn ich bei jemandem einen Stein im Brett habe, dann habe ich gute Karten. Ich bin dieser Person sympathisch. Sie vertraut mir, traut mir zu, dass ich neu beginne.
Ich glaube, wir haben bei Gott einen großen Stein im Brett. Damit sollten wir lernen umzugehen. Und das Bild eines barmherzigen Vaters vor die Darstellung eines kontrollsüchtigen Gottes stellen.
Denn davon bin ich überzeugt: Wir haben bei Gott einen Stein im Brett …
Wer hat bei mir einen „Stein im Brett“?
Montag, 19.03.2007
27 – Randstein
Vor einigen Jahren standen sie noch zu Tausenden am Rande der Straßen. Steine, ca. 80 cm hoch, grob behauen. Fest im Erdreich verankert. Straßensteine, Randsteine. Unbeachtet und kaum auffällig. Manchmal Endstation für rasende Automobilisten.
Straßensteine zeigten die Grenze der Straßen an. Heute sind sie längst aus Holz und Plastik. Sie zeigen auf, dass es nicht gut ist, weiter hinauszufahren. Sie schützen uns vor Gefahren. Indem sie am Rand stehen. Die Grenzen aufzeigen.
Fasten verstehe ich als Weg zum Osterfest mit vielen Straßensteinen, die mir die Grenzen, die Ränder sichtbar machen. Heute feiern wir außerdem einen Heiligen, der als der große schweigende Mann des Glaubens verehrt wird. Der Mann, der am Rande steht. Auf vielen Darstellungen haben ihn die Künstler an den Rand der Szenerie gemalt. Entweder im Hintergrund oder auf der Seite. So nehmen wir Josef wahr.
Wenig wird von ihm berichtet. Manches scheint direkt peinlich. Er ist nicht der Vater. Aber er steht zum Kind. Auf einigen Ikonen der Ostkirche ist er der „Mann im Schatten“ der Geburt. Aber er scheint keineswegs verbittert zu sein. Er steht am Rande, aber er ist nicht verärgert darüber. Er spielt nicht die Hauptrolle. Aber er handelt verantwortungsbewusst.
Josef sagt JA. Zu Maria und dem Kind. Er glaubt an den Sinn dieses unergründlichen Geheimnisses. In seinen Träumen erfährt er mehr von Gott. Und er lässt sich nicht beirren. Der Mann am Rande des Geschehens um seinen berühmten Sohn Jeschua steht fest wie ein Stein, wie ein Felsen.
Wir können an ihm entdecken, dass nicht allein das Scheinwerferlicht zählt. Manch Gutes passiert am Rande. Wenn keiner hinschaut, kann das Gute und Positive seinen Weg gehen. Beschützt von zahlreichen Randsteinen. In der Fastenzeit sollten wir uns daran besonders erinnern.
Wie stehe ich selbst zum Heiligen (Josef) am Rande?
Dienstag, 20.03.2007
28 – Fundstein

Eigentlich ist es ganz einfach: Zwei hohe Glasstelen fungieren als Gefäße, in das innere wurden Steine gefüllt. Fundsteine. Gemeindemitglieder brachten „ihre“ Steine mit, um den Ambo zu füllen. Es ist der Ambo von Fred Höfler in der Pfarrkirche in Gratkorn.
Transparenz, Leichtigkeit und viele Assoziationen zu Steinen im biblischen Umfeld tauchen auf. „Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein!“ Und eine andere Episode ruft sich sofort in Erinnerung: Die Steinigung des Stephanus. Denn er ist Patron dieser Kirche. Das Wort ist durch die Steine gefährdet und bedroht.
Die Steinigung des Stephanus ist der erste Märtyrerbericht der Kirche. Stephanus, beschrieben als voll Kraft und Gnade, wirkte in Jerusalem als Armenpfleger und als Evangelist. Hellenistische Juden zeigten ihn beim Hohen Rat, der höchsten jüdischen Behörde an und warfen ihm vor, gegen Gott und Moses gelästert zu haben. In seiner Verteidigungsrede (Apg 7,1-53) bekannte sich Stephanus zur jüdischen Tradition sowie zum Christentum und warf seinerseits seinen Anklägern und Richtern vor, nicht auf Gott zu hören. Daraufhin gerieten die Richter in Wut und verurteilten ihn zum Tode. Stephanus wurde außerhalb der Stadt gesteinigt (Apg 7,54-60).
Stephanus ist der Erste, von dem überliefert wird, dass er wegen seines Bekenntnisses zu Jesus Christus getötet wurde. Getötet durch Steine. Am Ambo werden wir durch sie daran erinnert, dass es früher oft sehr gefährlich war, sich zu Christus zu bekennen. Die Situation in manchen asiatischen Ländern ist auch nicht immer ganz harmonisch und konfliktfrei. In unseren Breiten aber dürfen wir noch immer problemlos unseren Glauben bekennen.
Gottfried Bachl hat in einem Text geschrieben: „Aus unserem Mund /fallen Steine auf die Welt, / Wurfworte, / Durchbohrungssätze, …“ Gesteinigt werden wir aber nicht mehr. Vielleicht sollten wir uns in diesen Tagen fragen, wie es mit unserem persönlichen „Bekenntnis“ zu Gott und Jesus Christus aussieht? Und …
Wieso liegen uns manche Texte der Heiligen Schrift wie Steine im Magen?
Mittwoch, 21.03.2007
29 – Ytong:Stein

Steine der Besinnung. Ein moderner Kreuzweg aus Ytongsteinen und diversen ergänzenden Zeichen lud im vergangenen Jahr im Diözesanhaus Klagenfurt zum Innehalten und Verweilen ein. Die Vorbereitung auf Ostern einmal auf eine besondere Art.
Direkt im Eingangsbereich stand die erste Station: Auf einem weißen handelsüblich genormten Ytongstein lag ein Stück rostiger Stacheldraht auf einem roten Schal. Der Besucher konnte auf einem danebenliegenden Kärtchen lesen: MACHT. Hinweis auf ein aktuelles leidiges Thema. Ob es nun der Machtmissbrauch in der Politik, am Arbeitsplatz, in der Schule war oder in den Krisenherden der Welt, mit MACHT wurde der Kreuzweg Jesu eröffnet.
Der KA-Präsidentin und Initiatorin des zeitgemäßen Kreuzweges Eva Wernig ging es darum, mit Hilfe der weißen Steine, den Zeichen und Symbolen sowie erläuternden Kurztexten zum Nachdenken und Innehalten anzuregen. „Ein Kreuzweg meditiert vordergründig den Leidensweg Jesu, der ihn zum Tod am Kreuz führt. Aber die „Stationen“ dieses Kreuzweges erweisen sich bei genauerem Hinsehen als existentielle Schlüsselsituationen eines jeden Lebens.“
Die Steine sprachen durch ihre Zeichen und Gestaltungen zu den Vorübergehenden. Immer wieder hielten einzelne Besucher auf ihrem Weg inne, um sich die Station länger anzusehen und den Text zu lesen.
Der Kreuzweg wurde nach den Aussagen von Eva Wernig für die hellen und dunklen Stunden in unserem Leben gestaltet, und letztlich blieben es spannende Fragmente, deren wirkliche Tiefe der angedeuteten Bilder und „Kompositionen“ nie ganz auszuschöpfen war. Es war ein aufregender Kreuzweg mit kreativ gestalteten Ytongsteinen zum Mit- und Nachgehen des letzten Leidens-Weges Jesu. Nachahmen durchaus erwünscht!
Wie könnte mein persönlicher Kreuzweg aus Ytongsteinen aussehen?
Donnerstag, 22.03.2007
30 – Edith:Stein

„Was Heilige kennzeichnet, ist eine ausgeprägte Persönlichkeit” (Régine Pernoud). Dies trifft besonders auf die 1998 kanonisierte jüdische Philosophin und Karmelitin Edith Stein zu. Ihr Leben stand fast ständig unter der Spannung von Gegensätzen und galt dem Bemühen um eine Synthese zwischen Judentum und Christentum, zwischen Philosophie und Religion, mystisch erlebtem Glauben und tätiger Nächstenliebe.
Der heutige Stein ist nicht nur der Person Edith STEIN, sondern auch dem imposanten Altartisch und Ambo der Kapelle der Heiligen in Breslau, ihrem Geburtsort, gewidmet. Ein gigantisches, aufgeschlagenes Buch mit vielen Lesezeichen ist zu erkennen. Sie hat bekanntlich neue Seiten in der Beziehung zwischen Juden und Christen aufgeschlagen. Für sie waren Bücher Arbeitsmittel und außerdem galt ihr Interesse den Texten und Büchern der Heiligen Schrift(en).
Als Jüngste wuchs Edith Stein 1891 mit sechs Geschwistern in einer jüdischen Familie in Breslau auf. Nach dem Tod des Vaters führte die Mutter den verschuldeten Holzhandel allein weiter und ermöglichte allen Kindern eine gute Ausbildung. Sie war eine fromme Jüdin, während ihr Lieblingskind, die eigenwillige, hochbegabte Edith, schon früh und bewusst den jüdischen Glauben aufgab und sich selbst als Atheistin bezeichnete.
Nach dem Abitur begann sie das Studium der Geschichte und Germanistik, doch ihr Interesse galt vorwiegend der Philosophie. Sie wechselte zur Universität Göttingen, von 1922 bis 1933 arbeitete sie als Lehrerin und Dozentin. Ihre leidenschaftliche Suche nach Wahrheit führte sie auch zu Religionsfragen, auf die sie schließlich im Christentum endgültige Antwort fand. 1922 entschloss sie sich zur Taufe.
Von da an war es ihr sehnlicher Wunsch, in den strengen Orden des Karmel aufgenommen zu werden. Ab 1933, dem Jahr der NS-Machtergreifung, durfte sie nicht mehr veröffentlichen; auch ihre Tätigkeit als Dozentin wurde verboten. Nun schien ihr die Zeit gekommen, nur noch für ihren Glauben zu leben und als Ordensfrau in den Kölner Karmel einzutreten. 1935 legte sie die ersten Gelübde ab und empfing den selbstgewählten Namen Teresia Benedicta a Cruce.
1942 wird sie in der Gaskammer ermordet. Bis zuletzt stand sie ihren verzweifelten Mitgefangenen bei. Ihren gelassen erwarteten Tod nannte sie selbst ein Sühneopfer für ihr Volk. „Ich glaube, je tiefer jemand in Gott hineingezogen wird, desto mehr muss er in diesem Sinn aus sich herausgehen, d.h. in die Welt hinein, um das göttliche Leben in sie hineinzutragen.“
Was fasziniert mich persönlich an Edith Stein?
Freitag, 23.03.2007
31 – Stein:Tisch

Der Tisch des Schweigens. Eine Steinskulptur vom berühmten rumänischen Bildhauer und Fotograf Constantin Brancusi. Ein seltsamer Titel für eine Skulptur. Elementar, klar und einfach. Ein Tisch und einige Hocker im Kreis. Überdimensional. Nichts für Kleingeister und Normalsterbliche. Teil eines mehrteiligen Komplexes.
Brancusi wird 1876 als Sohn eines Bauern in Hobita, Rumänien geboren. 1904 geht er nach Paris. Nach traditionell-akademischen Anfängen entwickelt der Künstler ab 1907 seinen eigenen Stil. Durch konsequentes Abstrahieren seines Ausgangsentwurfs destilliert Brancusi das für ihn Wesentliche des Sujets heraus, nähert er sich schrittweise der essentiellen Aussage. Werke wie „Der Kuss", der „Vogel im Raum" oder die „Unendliche Säule" sind dafür beispielhaft. Er beschränkt sich auf Materialien wie Stein, Bronze und Holz.
Brancusi erhält den Auftrag für ein monumentales Heldendenkmal in Tirgu Jiu, Rumänien, das 1938 ausgeführt wird. Hier kann man den “Tor des Kusses”, die “Unendliche Säule” und den “Tisch des Schweigens” bewundern. Für manche Beobachter sind die Werke von Tirgu Jiu eine kosmische Darstellung vom Leben eines Menschen, wobei der “Tisch des Schweigens” angeblich die Geburt und die “Unendliche Säule” den Tod vertreten.
Die hier erreichte Verschmelzung von Architektur und Skulptur begründete maßgeblich die Einschätzung Brancusis als einen der bedeutendsten Bildhauer der Avantgarde. Der Bildhauer erhält 1952 die französische Staatsbürgerschaft, stirbt ein Jahr später und wird auf dem Friedhof von Montparnasse beigesetzt.
Am Tisch sitzen. Und schweigen. Schweigend sein Mahl einnehmen. Stille und Schweigen einmal nicht als Strafe und Bedrohung sehen. Der Tisch des Schweigens, Sehnsucht nach dem Miteinander? Gemeinsam schweigen. Das ist sehr schwer. Es muss geübt und erlernt werden. In vielen Familien ist der „Tisch des Schweigens“ bittere Realität. Verstummt sein. Keinen Schritt mehr auf den anderen zugehen.
In der Fastenzeit suchen viele die Stille. Nicht krampfhaftes Verstummen. Die Erfahrung von einem dichten Schweigen der Schöpfung. Jesus hat das auch getan. Aber ebenso wichtig war ihm der Tisch als Mitte für Fest und Feier. Der Tisch des Wortes und des Brotes. Es kommt immer darauf an, was wir aus dem Steintisch machen …
Wie geht es mir mit Stille und Schweigen? Wie erlebe ich unseren Tisch zu Hause?
Samstag, 24.03.2007
32 – Dach:Stein

Beim letzten größeren Sturm in Österreich wurden zahlreiche Dächer beschädigt und ihrer „Dachsteine“ beraubt. Herumfliegende Dachziegel richteten großen Schaden an. Dachsteine sind ein wichtiger Teil unserer Wohnkultur. Sie behüten und beschützen uns. Ohne sie sind wir hilflos der Natur ausgeliefert. Es regnet herein und vieles andere kann passieren.
Mit Dachstein verbinden wir Steirer aber auch ein faszinierendes Gebirgsmassiv im Norden unseres Landes. Er kommt in der Landeshymne vor (Hoch vom Dachstein an …) und ist ein starkes Sinn-Bild für Heimat. So wie die Dachsteine unsere Häuser beschließen und Schutz geben, so steht der Dachstein für Geschichte, Tradition und Stärke.
Im Schatten der riesenhaften Steine und Gesteinsformationen war man sicher vor kriegerischen Einfällen fremder Völker. Auf den Bergen, auf den Dach-Steinen der Welt ist man dem Himmel näher. Dort oben erlebten und erleben die Menschen die beeindruckende Weite der Schöpfung, ahnten sie etwas von der unglaublichen Größe Gottes.
Wer aufbricht und hinaufsteigt auf die zahllosen „Dach-Steine“ der Welt, kann die Faszination der Steinwelt erfahren, wird reich belohnt durch den Rundblick und die Aussicht.
Monika Wogrolly, eine junge steirische Literatin, hat schon zum wiederholten Male zu einem Kunstprojekt auf den Dachstein eingeladen: „dachstein:art“. Dort oben gibt es eine Klarheit und Konzentration auf das Wesentliche wie kaum an einem anderen Ort.
In der Fastenzeit sind wir eingeladen, öfter auf Dachsteine oder Hochplateuas zu steigen, um danach erfischt und gestärkt wieder die Welt der Täler und Ebenen zu betreten.
Was bedeuten Berge/Dachsteine für mich?
Helmut Loder
helmut [at] lodernet [punkt] com
Copyright © 2007 LoderNet.com.