HELMUT LODER'S Adventkalender
Stallgeruch |
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Verduften
Flüchtlinge damals, Flüchtlinge heute

Flucht. Flüchten, verduften. Stichworte einer Wirklichkeit, die nicht ganz in den Advent passen will. Und trotzdem real ist.

Maria und Josef müssen mit ihrem neugeborenen Kind „verduften“. Ein seltsames und eigenwilliges Sprachbild. Umschreibung für weglaufen, flüchten, abhauen bei Nacht und Nebel, klammheimlich.

Auch heute suchen Menschen weltweit ihr Heil in der Flucht. Brechen auf aus unmenschlichen Verhältnissen, fliehen vor Unterdrückung, Diktatur, Hunger und Zukunftslosigkeit. Suchen das Glück.

Die Zahl der Flüchtlinge beläuft sich nach den Schätzungen der UNO auf mindestens 40 Millionen Menschen. So viele Frauen, Männer und Kinder sind unterwegs, die den Heimatgeruch zwar im Herzen tragen, aber nicht mehr recht riechen können. Verduften, verschwinden, abhauen, das wollen viele auf unserer Welt. Weg von dort, wo sie nicht mehr leben, lieben, lachen können, wo sie verfolgt, unterdrückt und ausgebeutet werden, hungern oder im Krieg ums Leben kommen. Verduften möchten viele von dort, wo es stinkt. Nach fauligem Wasser, verwesendem Vieh, Gewalt und Tod.

Ein Bild erschütterte mich in diesen Tagen ganz besonders: Kinder vor einem halb verschneiten Zelt. Auf der Flucht. Vor der Kälte, die ihr Leben bedroht. Tausende sind auf der Flucht, wollen anderes riechen als den Verwesungsgeruch der Leichen, den Geruch von Angst und Verzweiflung.

Wer A wie Advent sagt und damit nicht nur Lichterketten, heißen Punsch und Wachskerzenidylle meint, muss auch Z wie Zuflucht und Zukunft sagen. Zukunft und Unterkunft haben schon vor 2000 Jahren zwei junge Menschen, die junge Frau noch dazu hochschwanger, gesucht. Gefunden haben sie einen armseligen Stall für kurze Zeit.

Advent und Weihnachten sind besondere Zeiten. Ein paar Kilometer entfernt halten Menschen ihre Nase in den Wind, um zu riechen, ob die Luft an der Grenze frei ist. Advent heißt dort nachschauen, wo Menschen verduften müssen und mit ihnen nachschauen, was man tun soll. Damit auch für sie ein Silberstreifen am Horizont sichtbar wird und der Duft von frischem Brot in der Luft liegt.