HELMUT LODER'S Adventkalender
Die Nacht des Heils |
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19. Dezember
Herbergssuche in der NACHT

Ihr Bett ist eine Parkbank. Ihr Leintuch eine Zeitung. Ihr Kleiderschrank ein Plastiksackerl. Und ihre warme Stube die Bahnhofshalle. Ihr Bad ist die öffentliche Toilette. Ihr Trost oft genug der Alkohol. Von vielen vertrieben, misshandelt, verachtet. Ausgelacht und angezeigt. Sie haben fast alles verloren. Das Dach über dem Kopf, manchmal die Achtung vor sich selbst und leider oft auch die Kraft, aus diesem Teufelskreislauf auszusteigen. Obdachlos. Unterstandslos. Schlafen, wo es halt geht.

Advent: Wenn die Blätter gefallen sind und der Nebel aufsteigt, wenn eine dünne Schneedecke die Landschaft bedeckt, dann wird es richtig gemütlich zu Hause: Duftlampe anzünden, Tee trinken, und es sich gemütlich machen. Schlafen können. In einem weichen Bett liegen. Geborgenheit erleben. Entspannt träumen. Eine ganze Nacht lang.

Vergessen wir bei all dem nicht, dass tausende Menschen in Europa und noch mehr auf anderen Kontinenten heimatlos und obdachlos sind. Die Nächte sind schrecklich, sagt einer, der es wissen muss. Hans, der seit Jahren auf der Straße lebt. Die Nacht ist schlimm, sagt er, besonders jetzt im Winter, gefährlich und kalt. Ich bin froh, wenn ich einen windstillen Platz gefunden habe. Und am nächsten Morgen wieder aufwache.

Herbergssuche 2003. Unterwegs sein, ständig Ausschau halten nach einer geeigneten Ecke, halbwegs sauber soll sie sein. Und keiner soll mich stören können. Die Unterkunft für ein paar Stunden der Nacht. Ein Schlafsack wär´ halt schön. Hans rollt sich in der eisigen Winternacht in seinen zerrissenen Mantel, hofft, dass der Schlaf eher kommt als das Wachpersonal, das ihn bedenkenlos verjagt. Und nimmt wieder einen ordentlichen Schluck aus der Flasche. Das wärmt von innen, sagt er und grinst dabei.

Vor 2000 Jahren waren auch Leute unterwegs. Seit Tagen. Ein Mann und eine Frau. Auf der Suche nach einer Unterkunft. Für eine Nacht oder auch länger. Es war höchste Zeit. Sie war schwanger. Auf ihrer Suche nach Herberge erlebten sie Ablehnung, Verweigerung, Ausgrenzung. Es ist kein Platz frei für euch Gesindel, Obdachlose, Diebe, für die Namenlosen und Bedeutungslosen. So wird es ausgemalt. Sie zogen weiter, und fanden Unterschlupf für ihre müden Füße in einem Stall, abseits gelegen, in einer Unterkunft für die Nacht.

Wo wirst du heute Nacht schlafen, fragt ihn der Streetworker? Er weiß es nicht. Die Nächte sind kurz. Und manchmal recht kalt. Dann träumt er wieder vom Schlafsack, vom weichen, trockenen, warmen Schlafsack. Sein Haus, sein Dach, sein Schutz. Sein Herzenswunsch.

Die Nächte sind oft schrecklich. Sagt er und weiß sich verbunden mit den beiden jungen Leuten, die vor 2000 Jahren erschrocken und mittellos vor den Türen der Bewohner Bethlehems standen. Und keinen Platz fanden. Keine Aufnahme auf Zeit. Kein Asyl, kein freundliches Lächeln. Kein Bett, um die Nacht zu überstehen. Um Schutz, Sicherheit und Wärme zu erfahren.

Damals wie heute. Menschen auf der Suche.
Mitten in der Nacht. Im Advent. In unserem Land.