HELMUT LODER'S Adventkalender
Ortstafel Advent |
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17 „Sag mir, wann ist Advent?“
Von der „einmaligen“ Chance B

A wie am Anfang. Eine seltsame Frage: Wann ist Advent? Es ist der Titel eines zeitgenössischen Adventliedes, eine Textzeile, die tiefer gräbt. Sag mir, wann ist Advent? Scheinbar ist sie leicht zu beantworten, aber gemeint ist viel mehr als ein Kalenderdatum. Dann, wenn ... Wenn die Gefangenen aus ihren Kerkern kommen, wenn die Wunden der Gefolterten sich schließen, wenn die Unterdrückten ihr Recht bekommen, dann ...

Am Anfang steht eine Vision. Von Menschen für Menschen. In unserer Stadt. Seit 1985 träumen Frauen und Männer von Utopien wie sie eben geschildert wurden, und konkret von einem neuen anderen Umgang miteinander. Von einer Zeit und einem Leben ohne Hindernisse und Behinderungen. Es bleibt nicht beim Träumen. 1986 wird ein Verein gegründet. Taten werden gesetzt, eine Gruppe engagierter Eltern und Lehrer/innen findet sich. Antworten werden erprobt. Dann ist Advent. Wenn es weniger Leid gibt, wenn Gemeinschaft zu Freude und Glück führt und Menschen ernstgenommen werden, mit allen Schwächen und Fehlern, mit körperlichen und psychischen Mängeln.

B wie „Chance B“. Dem Menschen eine Chance geben. Der Hoffnung eine Chance geben. Beides hat miteinander zu tun. Die Frage nach dem, was den Advent ausmacht und zum Advent macht, und die Vision der Beseitigung der Stolpersteine, der Benachteiligung von Menschen, die es schwerer haben in ihrem Leben mit uns. Und mit sich selbst.

C wie Chance. Zum Beispiel für Herrn F., nennen wir ihn Franz. Ein geistig leicht behinderter Mann, 46 Jahre alt, brauchte vor einiger Zeit intensive Betreuung. Seine Mutter war gestorben. Nun stand er allein da, ohne Familie und Verwandte. Die Einweisung drohte. Aber er wollte so gerne in seinem Haus bleiben. Dort leben, wo er schon immer gelebt hatte. Kein fremdes Haus aufsuchen müssen, in seinem Heimathaus bleiben dürfen. Was braucht er, um dort leben zu können? So fragten die Mitarbeiter der „Chance B“. Ein warmes Essen pro Tag, frische Wäsche, Hilfe bei der Hausarbeit, ein wenig Gesellschaft und viel Geduld und Verständnis. Mobile Wohnbetreuung heißt das. 30 Stunden wurde er pro Woche betreut. Seither ist einige Zeit vergangen. Franz geht es gut. Er fühlt sich wohl, ist selbstbewusster geworden. Das Haus wurde modernisiert, der Komfort ist gestiegen. Franz lebt allein in seinem Vaterhaus. Das ist Advent, nicht nur in den 24 Tagen vor dem Fest Weihnachten.
D wie Dienstleistungen für kranke, behinderte Menschen. Für Jugendliche ebenso wie für ältere Leute. Aus dem Stadtbild sind die deutlich erkennbaren Autos der „Chance B“ nicht mehr wegzudenken. Mobile Hausfrühförderung, Aufbau eines attraktiven Bio-Schulbuffets und viele weitere soziale Hilfsaktivitäten wurden und werden von den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesetzt. Unzählige Menschen betreut, pflegt und berät die um Integration bemühte Organisation, finden Anerkennung, Unterstützung und Verbesserung der Chancengleichheit.

Dann ist Advent. Hinter der Ortstafel Advent lassen sich viele Häuser ausmachen, die von der Zuwendung und Menschwerdung durch die „Chance B“ erzählen. Inzwischen ist sie längst anerkannt und geschätzt. Eine echte Bereicherung für unsere Stadt. Die breite Palette von Hilfsdiensten sorgt dafür, dass wir stets wissen, zu welchem Zeitpunkt der Advent beginnt: Spätestens dann nämlich, wenn Franz selbstverloren und dankbar in sich hinein lächelnd mit anderen Behinderten um den Tisch sitzt und sein Essen im Kreis einer größeren Gruppe einnimmt. Und irgendwie glücklich ist. Zuhause, in seinem Haus. Mit einem Adventkranz in der Ecke.