Ein Fastenprojekt von Helmut Loder
Sonntag, 01.04.2007
Nein, es ist keine Route 66, romantisch verklärt. Ein steiniger harter Weg liegt vor ihm. Vor dem Rabbi Jeschua, auf den sie schon so lange warten. Der Einzug nach Jerusalem aber ist erwartungsgemäß euphorisch. Begeisterung pur und lautstarke Sympathie spiegeln sich in den Rufen und Zeichen. Kleider auf den Steinen, Palmwedel in den Händen. Der „König“ kommt. Auf einem Esel. Geliehen.
Der Weg war nicht breit. Jedenfalls nicht so breit wie die gigantomanische Aufmarschstraße des Nürnberger Reichsparteigeländes. Als „Paradestraße der Gewalt“ wird man sie später bezeichnen. Hier dröhnten die Stiefel der zackig marschierenden Soldaten. Macht wurde demonstriert. Makellos, gewissenlos.
Karl Prantl hat die menschenverachtende Art des Nationalsozialismus in seinem berühmten „Nürnberger Kreuzweg“ thematisiert und aufgezeigt. Er hat 14 Platten aus der Straße herausgelöst und zu Kreuzwegstationen umgearbeitet. Er lässt die Steine reden: saxa loquuntur, die Steine aus der Straße des Kreuzes. Sie berichten und reden zu uns. Von der Verlassenheit und Bedrohung des Menschen, von Jubel und Klage, von Hass und schier unbezwingbarer Liebe zum Leben Bis in den Tod.
Jesus zieht in Jerusalem ein. Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Noch aber lassen die Zuschauer ihn hochleben und sind bereit, ihm alle Steine aus dem Weg zu räumen. Sie loben Gott ob all der Wunder. Bald wird sich daran niemand erinnern. Als die Pharisäer sie zum Schweigen bringen wollen, sagt Jesus: Wenn sie schweigen (sollen), werden die Steine schreien!
Für Karl Prantl sind die 14 Steine (des Kreuzwegs) die Sprache des „Martyriums der Schuldlosen“. Der Künstler muss erschüttern, durch Steine erschüttern: saxa loquuntur – die Steine werden reden! Durch den Steinformer reden die Kreuzwegplatten im HEUTE von den Schmerzen zum Tod, von den Tränen der Freude und der Angst.
Jesus kommt, ohne Machtpose, demütig auf einem Esel reitend. Ohne Wortschreierei. Auf der Einfahrtsstraße nach Jerusalem steht die Ampel auf Grün: Zustimmung, Begeisterung. Aber bald schon werden die Steine schreien. Und mit Blut und Schweiß bedeckt sein. Die 14 Kreuzwegplatten der Nürnberger Aufmarschstraße blinken hell leuchtend auf der dunklen Straße. Damals und HEUTE. Die Straßensteine am Palmsonntag.
Wie würden die Steine heute „schreien“?
Montag, 02.04.2007
Marianne Graf ist eine „weithin anerkannte Kämpferin für Menschenwürde und Menschenrechte in Albanien“. Neben den vielen karitativen Initiativen, die sie weiterhin setzt, hat sie auch einen faszinierenden Friedensweg mit Kreuzwegstationen und einem „Schöpfungsstein“ gestaltet. Diesen „Schöpfungsstein“ möchte ich heute vorstellen:
„Es ist dies eine große Wasserschale, geschaffen von Gjenarin Gjini. Auf dem Boden sind drei Zeichen herausgearbeitet. Das Kreuz als Zeichen christlicher Identität, der siebenarmige Leuchter, die Menora, als Zeichen jüdischer Identität, der Halbmond als Zeichen muslimischer Identität. Diese Zeichen sind umflossen von Wasser, das in allen drei Religionen eine zentrale Rolle spielt und dem höchste Symbolkraft zukommt. Sowohl im Christentum, als auch im Islam und im Judentum wird das Wasser als Substanz für Segnung und für die Geburt neuen bzw. erneuerten Lebens angesehen.
Am Schalenrand sind einem Strahlenkranz ähnlich Linien eingraviert. In alle Himmelsrichtungen weisend, sollen sie Orientierungshilfen und in Meditationsmomenten Verbindungslinien mit bedeutenden religiöse Stätten, aber auch zu Orten mit besonderem Bezug zu Albanien und zu Städten mit hoher Anzahl ausgewanderter Albaner sein.
Die Schale selbst ruht auf einem Steinquader, der an seinen vier Seiten ein Kind, ein Tier, eine Pflanze, sowie Erde, Wasser und Luft zeigt. Gemeinsam verdeutlichen die Abbildungen die Gesamtheit der Schöpfung. Diese respektvoll zu behandeln und zu erhalten ist Aufgabe aller Menschen, welcher Religion sie auch immer angehören und welche Anschauung sie auch vertreten. Und es bedarf dazu auch aller politischen Bemühungen und aller kulturellen Kräfte, ist doch unser Überleben von unserem sorgsamen Umgang mit dem Planet Erde abhängig.
Nur im gemeinsamen Einsatz lassen sich die Fundamente des Friedens auf der Erde legen, die da sind: Gerechtigkeit, Freiheit, Menschenrechte und Bewahrung der Schöpfung. Nur mit gemeinsamer Stimme, zusammengesetzt aus den Sprachmelodien unterschiedlicher Standpunkte ist es möglich in die Welt hinaus zu rufen: Ein Miteinander ist möglich! Nur das sichert unser Überleben.
Vielleicht wird der Ruf aus Albanien gehört und die Botschaft des Meditationspunktes verbreitet sich mit den Orientierungslinien auf der Lebensschale in alle Welt, auch dorthin, wo Feindschaft und Hass unüberwindbar scheinen.“ (Marianne Graf)
Ein toller Fastenstein, dieser „Schöpfungsstein“. Hoffentlich gehen die Wünsche von Marianne Graf wirklich in naher Zukunft – nicht nur in Albanien – in Erfüllung!
Wie kann ich aus meinem Fastenstein einen „Schöpfungsstein“ machen?
Dienstag, 03.04.2007
Die Zukunft steht in den Sternen. Sagt die Astrologie. Und Heilung steckt in den Steinen. Suggerieren zahllose Anzeigen, Inserate und Werbungen. Heilung passiert eben. Mit und durch die Hilfe spezieller Steine.
Überall tauchen sie in letzter Zeit auf, die Heilsteine aus der „neuen Steinmedizin“. Hexen und Geister sind zwar aus dem heutigen Weltbild verschwunden. Aber unsere Dämonen tragen andere Masken: Umweltzerstörung und Aids, Fremdenhass und Radikalismus. Ihnen fühlen wir uns schutzlos ausgeliefert. In dieser Zeit der Unruhe und Unsicherheit sehnen sich die Menschen nach Ausgeglichenheit, Harmonie und Heilung. Mineralien und Meditationssteine sollen dabei helfen.
In der frühgeschichtlichen Naturmedizin wurden Krankheiten immer auch als eine Störung in der Harmonie zwischen Geist und Körper betrachtet. Rituale helfen dabei, einen unbewussten, aber leider abgestumpften Selbstheilmechanismus zu aktivieren. Doch die eigentliche Wirkung ging vom Menschen aus. Der Stein ist dabei nur Mittel zum Zweck ohne eigentliche Heilwirkung.
Die „Schutzheilige“ dieser Steinmedizin, die Heilige Hildegard von Bingen hat im 12. Jahrhundert Erstaunliches über das Beziehung Gottes zu seiner Schöpfung geschrieben: „Gott hat in die Edelsteine wunderbare Kräfte gelegt, welche die biologisch materielle Welt mit der geistigen Welt verbinden. All diese Kräfte und die Schönheit der Steine finden ihre Existenz im Wissen Gottes und in seiner schöpferischen Güte und stehen dem Menschen in seiner leiblichen wie auch geistigen Lebensnotwendigkeit bei.“
In einer anderen Schrift schreibt sie: „An die Spitze menschlichen Wandelns hat Gott die Liebe gestellt und die Edelsteine, welche der Liebe zu Ehren, den Menschen zum Segen, und allen als Heilmittel dienen sollten.“
Die Schulmedizin bleibt weiterhin skeptisch. Die Grenze zur Leichtgläubigkeit und zum Missbrauch ist bei vielen Ratschlägen und Medikationen schnell überschritten. Aber viele Heilungssuchende schwören „Stein und Bein“, dass die Heil-Steine schmerzlindernd gewirkt hätten.
Unterm Strich bleibt wenigstens die Sehnsucht, die Heilkraft (Gottes) in den Erscheinungen der Schöpfung zu finden und zu erfahren. In einem Klassiker der Heilstein-Literatur steht der Satz: „Heilsteine sind ein Hilfsmittel bei der Heilung. Sie helfen, etwas positiv zu ändern“
Das will Fasten auch. Sich ändern, verändern. Und „warm werden“ (nicht nur beim Steinauflegen) für die positiven Schwingungen der Liebe.
Wie stehe ich persönlich zum Phänomen der Heilsteine?
Mittwoch, 04.04.2007
Sie sammelt Steine. Mit Begeisterung. Immer wieder geht sie hinaus in die Natur, in die Umgebung und sucht. Steine. Bruchstücke. Eigentlich sind es Fundstücke, Fund-Steine, Findlinge. Gleich um die Ecke auf dem Berg, in der Nähe ihres Heimathauses findet sie ohne viel Anstrengung wunderschöne Steine. Sie liegen herum, mehr oder weniger versteckt. Man braucht nicht tief graben und wer schon länger sucht, erkennt, wo sie zu finden sind.
Der Rauchquarz auf dem Bild ist ein besonders schöner Stein. Ein „frischer Umbruch“, da ist die Chance groß, solche Stücke zu finden. Ein Exemplar aus ihrer Sammlung. Die Kinder gehen gerne mit. Ihre Leidenschaft für solche Steine hat sie vom Vater geerbt. Er nennt eine stattliche Sammlung sein eigen.
Der Stein weist auf einer Seite eine sehr klare, mathematisch exakte Ordnung auf. Wie berechnet und herausgeschliffen, aber natürlich gewachsen. Ein schöner Stein. Sie ist stolz auf ihren Fund, auf „ihren“ Fund.
Wir haben in den letzten Tagen die unterschiedlichsten Steine kennen gelernt. Heute ist es ein Fund-Stein. Meine Kollegin schätzt ihn. Er hat für sie einen großen Wert. Weniger materiell eher ideell bzw. spirituell. Steine werden gefunden.
In der zu Ende gegangenen Fastenzeit entdeckten wir viele Steine, die uns zeichenhaft auf die vielen Seiten dieser Zeit verwiesen, ihre Schwerpunkte sichtbar machten und deuten halfen. Das Wesen der Fastenzeit muss jeder von für sich finden, herausfinden, was sie für ihn/sie sein kann.
Manchmal war es ein Edelstein, manchmal ein Klangstein oder ein Fund-Stein, einer, der uns fasziniert und nachhaltig beeindruckt. Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und Glaubens können wir sicher öfter solche Fund-Steine entdecken. Wir müssen Augen, Hände und Herz öffnen, damit wir nicht blind daran vorüber laufen. Manchmal hilft uns Gott, indem wir durch einen unerwarteten Lichtschimmer auf einen Fund-Stein aufmerksam werden. Er gibt uns Zeichen, hie und da auch durch Steine.
Wie sieht mein Fund-Stein aus?
Donnerstag, 05.04.2007
Heute ist Gründonnerstag. Ein wichtiger Tag für uns Christen. Wir feiern und gedenken, dass Jesus uns kurz vor seinem Tod einen Auftrag gibt: Tut dies zu meinem Gedächtnis! Er sitzt mit seinen Freunden beisammen und feiert. Er isst mit ihnen und redet zu ihnen. Er bricht das Brot, dankt und gibt es weiter. Am Tisch. Brot und Wein auf dem Tisch. Der war mit großer Wahrscheinlichkeit aus einfachem Holz. Das ist mein Leib, das ist mein Blut.
In mehreren Kirchenbauten habe ich in letzter Zeit Steinaltäre entdeckt. Unterschiedlich gestaltet, mal wuchtig und schwer, dann wieder leicht und fast zierlich. Oder auch als Tisch aus sieben übereinander gestapelten Steinscheiben – mit Glasscheiben dazwischen – angelegt. Ein besonderer Stein als Altartisch liegt in der Kirche St. Lukas in Graz.
Der Künstler Othmar Krenn hat 1995 diese Kirche in einer beeindruckenden Gesamtsicht neu gestaltet: „Zarte Nirostasäulen vor dem spiegelnden Blau an den Wänden, filigrane, fast transparente Sitzmöbel; aus demselben Material, aus dem die Planen der draußen vorbeifahrenden Lkw gefertigt sind, ist der Zelthimmel im Kirchenraum. Ein Zebrastreifen führt an Altar und Ambo zu einer Marienstatue hin, das ewige Licht gleicht einer Verkehrsampel. An einer silbernen Nachbildung der Jerusalemer Klagewand lehnt das Kreuz, das der Künstler bei seiner Wanderung auf den Spuren von Moses mit Sand der Wüsten um den Berg Sinai gefüllt hat, und davor steht ein in polierte Bleche gehüllter Felsen, der Altarstein von St. Lukas.“
Das Brot des Lebens. In jeder Eucharistiefeier liegt der Leib Jesu Christi auf dem steinernen Tisch. Das verwandelte Brot. Josef Dirnbeck hat geschrieben: Nicht nur ein Mensch ist Gott geworden. / Gott wurde auch Nahrung des Menschen. / Er macht sich zum Brot, er macht sich zum Wein. / Er macht die Welt saft- und kraftvoll. / Er lässt sich essen, er lässt sich trinken. / Er lässt sich sehen; mit ihm lässt es sich leben!
Gott legt sich auf jeden Tisch der Welt. Ob aus Holz oder aus Stein. Poliert oder rau, vergoldet oder rostig. Das dürfen wir glauben und feiern. Davon können wir leben. Gott ist mit uns. Er macht sich für uns zum Laib der Welt. Leibhaftig. Damit wir immer wieder von neuem den Geschmack des Lebens spüren. Seine Liebe, seine Freiheit, seine Zukunft.
Wer einmal bei einer Eucharistiefeier um diesen Altarstein in St. Lukas gestanden ist, wird nicht vergessen, was es bedeutet, dass Gott sich auf dem Felsen zur Nahrung für uns Hungrige macht. Auf dem steinernen Tisch der Welt wird im Brot der Liebe Erlösung erfahrbar.
Brot und Wein auf Stein – wie denke ich darüber?
Ein Internethinweis: http://www.uni-graz.at
Freitag, 06.04.2007
Im kroatischen Urlaubsort Vrsar steht mitten im riesigen aufgelassenen Steinbruch ein Steinkreuz. Roh behauen. Rund um das etwa 3-4 m hohe Kreuz campieren in der Urlaubszeit ständig Touristen mit ihren Autos und Campinganhängern. Sie halten jedoch einen Respektabstand. Nicht viel, aber immerhin. Ganz nahe wollen sie dem Kreuz dann doch nicht kommen. Ein steinernes Kreuz. Der Korpus angedeutet, fast wie ein Relief.
Mitten unter den entspannungssüchtigen Menschen ein Kreuz. Massiv, aus Stein. Seltsam, habe ich bei der ersten Begegnung vor Jahren mit dem steinernen Zeichen gedacht. Ein christliches Zeichen. Hier, mitten in einem Steinbruch. Unter vielen jungen und alten Menschen, denen dieses Zeichen wenig bedeutet.
Heute am Karfreitag werde ich wieder erleben, wie schwer es uns fällt, das Kreuz mitten im Alltag, in unserer Gegenwart anzunehmen. Überhaupt wahrzunehmen. Für viele ist es ein Freitag wie jeder andere. Strenger Fasttag? Das war einmal. Am Abend Karfreitagsliturgie. Jedes Jahr sitzen weniger Christen in den Bänken und lassen sich auf die Leidensgeschichte Jesu ein.
Wir halten Abstand. Zum Kreuz, selbst wenn es aus Stein ist. Man weiß ja nie. Zu Hause sind wir von vielen Wegkreuzen und Bildstöcken umgeben. Kreuze gehören zum Grundbestand unserer Landschaft. Wir errichten sogar da und dort noch neue Kreuze. Wie das 40 Meter hohe Pilgerkreuz am Veitscher Ölberg. Begehbar, mit 6 Meditations- und Gebetsräumen. Das Kreuz als riesiges Kunstwerk. Ziel vieler Pilgergruppen.
Manchmal habe ich den Verdacht, wir verhalten uns ziemlich schizophren. Einerseits stellen wir jede Menge „steinerne Kreuze“ – viele sind und bleiben unsichtbar – in unseren Arbeits- und Lebensräumen und andererseits haben wir größte Scheu davor, uns dazu zu bekennen und uns mit dem Kreuz als Todeszeichen auseinander zu setzen. Was ist, wenn das steinerne Kreuz plötzlich umfällt? …
Was ist anders beim Kreuz aus Stein?
Ein Internethinweis: HYPERLINK www.pilgerkreuz.at
Samstag, 07.04.2007
Heute ist ein Tag der Ruhe. So habe ich es in meiner Kindheit immer wieder gehört. Grabesstille. Grabesruhe. Unser Kontakt mit Auferstehung beginnt an einem Grab. Jesus wird ins Grab gelegt. Und dieses mit einem Stein verschlossen. Wie es eben üblich war.
Begraben sein oder werden ist nichts Außergewöhnliches. Wir tragen vieles zu Grabe. Nicht nur unsere Liebsten, auch die Menschlichkeit, die Liebe und manche sagen sogar den Glauben. Und allzu oft werden schwere Steine vor die Gräber und Grabstätten gewälzt.
Wir Christen feiern zu Ostern das Fest des Widerstands gegen die Gräber. Und mit vielen Mitchristen fragen wir uns, wer uns wohl die schweren Steine wegwälzen kann. Eigentlich ist der Stein schon weggewälzt. Eigentlich ist der, der jedem Menschen seine Würde gab, und von der Zukunft der Liebe Gottes und der Heimat bei ihm sprach, schon auferstanden.
Nur, noch leben wir nicht danach. Noch füllen wir lieber die vermeintlich leeren Gräber mit neuen Leichen, als uns aufgrund der Botschaft der Auferstehung der Herzen zu versöhnen. Noch rollen wir unsere Steine vor die „Grabstätten“ der Mitmenschen, noch ist uns die Grabesruhe heilig.
Aber schon am Abend des heutigen Tages feiern wir wie jedes Jahr das „Fest vom weggewälzten Stein“ (Herbert Meßner) in der Osternacht. Wir sind es der Welt der Totengräber schuldig, dieses Fest des Widerstandes sichtbar zu begehen. Die Finsternis darf nicht gewinnen.
Bei Herbert Messner fand ich ein bedenkenswertes Zitat: „Neben diesen großen Steinen der Zeitgeschichte gibt es auch die ganz persönlichen Gräber, Schmerzen und Verluste. Auch an diesen Gräbern sitzt der Engel, der uns sagt: Sucht bei den Lebenden! Sucht eine neue Zukunft und einen neuen Sinn im Leben!“
Wie gehe ich mit der „Grabesstille“ um?
Sonntag, 08.04.2007
Ostersonntag. Ein letzter Stein. Der Rollstein vor dem Grab. Bei manchen Gräbern zur Zeit Jesu war er üblich. Ein Verschlussstein. Damit die Toten sicher waren. In vielen österlichen Liedern wird dieser Stein erwähnt. Das Grab ist leer, der Stein ist weg. Weggeflogen oder gar gestohlen? Vielleicht ganz einfach weggewälzt. In der Rinne zur Seite geschoben. Aber wer sollte so was tun?
Die Frauen eilen zum Grab, berichtete Markus. Nach dem entsetzlichen Tod am Galgen und der Kreuzabnahme berichten die Ostergeschichten von einer Zeit der Grabesruhe. Ohne konkret zu werden. Die Frauen laufen zum Grab. Eine Frage bewegt sie: Wer wird uns den Stein wegrollen? Den schweren, unförmigen Rollstein?
Im Jahre 2000 hat die Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der deutschen Bischofskonferenz zum Heiligen Jahr ein Projekt mit der obigen Frage als Titel gestartet: Wer wird den Stein wegrollen?
Ein Stein mit etwa 1,4 m Durchmesser aus einem Steinbetrieb in der Nähe von Betlehem – in der Form den Rollsteinen ähnlich – machte zwischen Ostern 2000 und Ostern 2001 an ca. 30 Orten Station.
Frauen setzten sich mit ihrer Erfahrung, dass es viele „Steine“ in ihrem Leben und Glauben gibt, auseinander. „Der Stein aus dem Land der Bibel, der rückverweist auf die Ostererzählung der Evangelien, ist ein Zeichen dafür, dass es gerade auch im Ringen um die im eigenen Leben erfahrenen Steine möglich ist, sich immer wieder neu als Erlöste zu begreifen.“ (Zitat aus der Projektbeschreibung)
Markus beschreibt, dass es Befreiung gibt, dass Ostern das Fest des weg gewälzten Steines ist. Überall auf der Welt wird das Leben von Menschen durch Steine behindert, erschwert und unterdrückt. Da kommt Ostern mit seiner Botschaft, dass Gott den Tod, das Grab nicht einfach stehen lässt, gerade recht. Das Symbol des Todes und der Gewalt wird beiseite geschoben. Der Rollstein hat ausgedient.
Ostern verstehen heißt glauben, dass hier eine Kraft der Liebe am Werk ist, die alles menschliche Verstehen übersteigt. Sie hat den Stein vom Grab weggerollt und der Welt die Kunde gebracht: Jesus lebt! Halleluja! Eine neue Zeit hat begonnen!
Helmut Loder
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