HELMUT LODER'S Adventkalender
Die Nacht des Heils |
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4. Dezember
"Dunkel-Haft , Festungs-Haft, ... standhaft!"
Barbaras Nächte im Kerker

18 Jahre lebte er in einem kleinen Loch. Ohne Fenster. 3 Meter lang und anderthalb Meter breit. So niedrig, dass man niemals aufrecht stehen kann. Ein Loch im Steinboden für die Notdurft, kein Bett. Vor allem kein Licht, nur ein Luftloch. Ein Überlebender des marokkanischen Straflagers Tazmamart berichtet erschütternde Details seines Martyriums. *

„Wir lebten nicht in irgendeiner Nacht. Unsere Nacht war feucht, sehr feucht, klebrig, schmutzig, verschimmelt, ... eine Nacht, die auf einem grauen Pferd zu uns geritten war, verfolgt von einer Meute tollwütiger Hunde ..“ Erschütternd sind die Berichte von langanhaltender Dunkelhaft in den unterschiedlichsten Gefängnissen dieser Welt. Kein Tageslicht oder künstliches Licht.

Wir gedenken heute Barbara. Manche kennen sie nur als liebliches Mädchen, das sich unglücklicherweise gegen den Willen des Vaters zu Christus bekennt. Die Legende entwirft ein scharfes Bild vom fanatischen herrschsüchtigen Vater und seinen drastischen Methoden: Festungshaft. Einzelhaft. Dunkelhaft. Gefängnisse sind kein Ort für romantische Widerstandsphantasien. Und doch zeichnet sich auch in der Legende der Heiligen Barbara ein tolles Bild von der Kraft des Glaubens an die Macht des Lebens ab.

Barbara, griechisch die „Fremde“, Märtyrerin mit historisch eher unwahrscheinlichen Wurzeln, war vermutlich unter Galerius Valerius Maximinus, ermordet worden. Unter ihren Attributen finden sich der Turm mit den 3 Fenstern, Kelch und Hostie oder eine Fackel. Als Patronin der Bergleute, der Maurer, Dachdecker, Köche oder Glöckner wird sie verehrt und als Trösterin der Gefangenen angerufen.

Ihre Legende der Gefangenschaft im Turm ist aktueller denn je, meint Anselm Grün in seiner Meditation der heiligen Barbara: „Der Vater sperrt sie in einen Turm. Viele Menschen fühlen sich heute in ähnlicher Weise gefangen. Sie sind gefangen von den Erwartungen ihrer Umwelt und trauen sich nicht, daraus auszubrechen. Sie sind gefangen in sich selbst. Sie können nicht aus sich heraus. Sie fühlen sich gefangen in ihrer Angst. Sie haben Angst, ihren sicheren Turm zu verlassen. Sie hätten dann keinen Schutz und würden sich bloßgestellt fühlen, ausgesetzt, verletzlich. So verschließen sie alle Fenster nach außen. Sie sind gefangen in ihren Gewohnheiten und in ihrem Denkschema. Nacht herrscht in ihrem Leben.“ (Anselm Grün, Die 14 Nothelfer als Bilder einer christlichen Therapie. Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach)

Barbara ist die Verheißung, dass Gott auch uns in unserem Gefängnis besucht, dass er die Enge und Schwärze unseres Gefängnisses aufbricht und uns mitten in unserem Gefangensein innere wie äußere Freiheit schenkt. Wenn wir Gott in uns einlassen, kann uns kein Gefängnis mehr halten.

Der Gefangene mit 18 Jahren Dunkelhaft hat überlebt. Barbara bricht die Nacht ihres Kerkers auf, und lässt das Leben sogar dort erblühen. Die Barbarazweige sind „… ein Bild dafür, dass in uns die Frucht Christi erblühen wird, wenn wir wie Barbara in der Stille des Advents nach innen schauen und dort nach dem Licht suchen, das unser Leben erleuchten kann.“ (A. Grün).

* Ein beeindruckendes literarisches Zeugnis: Das Schweigen des Lichts, ein Roman von Tahar Ben Jelloun (2001, Berlin-Verlag).